Geschwindigkeit und Effizienz bestimmen oft unser Leben in dieser Zeit. Dazu gehört es auch, rasch und klug Entscheidungen zu treffen, in großer Geschwindigkeit Informationen zu sammeln und sich eine Meinung zu bilden – oft mit Hilfe des Internets. So sehr ich auch die Wichtigkeit und den Nutzen dieser entstehenden Klarheit sehe und sie selbst sehr gerne lebe, so gibt es dennoch einen weiteren Bereich, der genauso Raum in unserem Leben bekommen soll.
Das sind die offenen Fragen. Es sind die Fragen, die wir noch nicht beantwortet haben.
Die Fragen, die gerne in unseren Köpfen umherschwirren, Tag für Tag an uns rütteln, und uns Kraft, Zeit und Energie kosten. Was daran so wertvoll ist? Der Wunsch, oft mit Druck einhergehend, diese Fragen (Entscheidungen) schnell zu beantworten, rasch zu klären, ist doch mehr als verständlich. Nicht wahr? Doch es gibt Situationen, es gibt Momente, es gibt Bereiche, die einfach Zeit brauchen. Zeit, um in uns zu reifen. Zeit, damit sich um uns Dinge fügen und klären, sodass auch wir klarer sehen können.
Wer kennt es nicht: Sich selbst unter Druck setzen, um eine Entscheidung zu treffen. Das geschieht dann auch, doch qualvoll und begleitet mit großen Zweifeln. Die so sehnsüchtig erhoffte Erleichterung tritt nicht ein. Stattdessen begleiten uns nach wie vor Zweifel ob der Richtigkeit der Entscheidung. Ruhe findet uns erst wesentlich später, oder wir entscheiden uns plötzlich neu und wählen das Gegenteil.
Über genau diese Fragen schreibe ich. Wäre es nicht ein Segen, wenn wir lernen würden, diese Ungewissheit, dieses Offensein einfach anzunehmen, hinzunehmen? Wäre es nicht wundervoll, wenn wir in großer Geduld und Achtsamkeit uns selbst die Zeit schenken, bis uns Klarheit gefunden hat, um dann in Entschlossenheit und frei von Zweifeln, einen Weg zu wählen? Für mich ist das ein guter Weg, ein Ziel. Geduld und Kraft aufzubringen, mit offenen Fragen zu leben. Vertrauen zu haben, dass sich die Antwort zur richtigen Zeit zeigen wird. Allerdings wünsche ich mir dazu auch die Weisheit, unterscheiden zu können. Zwischen den Fragen, die schnell beantwortet werden wollen und sollen – und den Fragen, die reifen möchten.
Und dann begegnen mir noch die Fragen, die ich ein Leben lang stellen werde, ohne je eine Antwort zu erhalten. Es sind philosophische, spirituelle Fragen („Wer bin ich?“). Diese liebe ich besonders, auch wenn sie mir zu früheren Zeiten meines Lebens einiges an Energie abverlangt haben in dem Versuch, sie ein für alle Mal zu beantworten. Manchmal finde ich auf diese Fragen sogar Antworten, die dann in mir für bestimmte Zeit Gültigkeit haben. Bis sich wieder etwas Neues zeigt.
In ihnen habe ich erst vor kurzem die Schönheit entdeckt. Wie bereichernd und beglückend es sein kann, mit einer offenen Frage im Herzen durchs Leben zu gehen, sie sanft im Inneren zu tragen wie einen Schatz, der mich berührt und in mir wirkt.
Ja, ich bin der Meinung, dass oft das Formulieren und Stellen von Fragen – an sich selbst und an andere – weitaus wichtiger ist als die dazugehörigen Antworten.
So habe ich gelernt, in schwierigen und fordernden Situationen meines Lebens viel mehr in genau dieses Ausdrücken und Formulieren zu sinken, als nach Wegen zu suchen. Was sind denn meine Fragen dazu? Was möchte ich wissen?
Und los geht der Prozess im Inneren oder auch aufgeschrieben oder im Austausch mit Freunden. Faszinierend finde ich nach wie vor, wie allein dieser Ansatz schon so viel mehr Klarheit, so viel mehr Lösung bringt. Immer wieder beobachte ich das.
Nicht zuletzt und häufig bei meinen Medialen Sitzungen, wenn nach dem gemeinsamen Aufschreiben der Fragen schon eine große Erleichterung und ein Glücksempfinden beim Klienten zu finden ist, bevor wir begonnen haben, Antworten zu erhalten.

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